Sollte die E-Mail nicht korrekt angezeigt werden, klicken Sie bitte hier.
Italien...
auf einen Espresso

03/2023


Sehr geehrte Damen und Herren,
es waren schöne Bilder, die ihre Wirkung daheim nicht verfehlten: Premierministerin Giorgia Meloni speist in einem Beduinenzelt in der Wüste mit Mohammed bin Salman, dem saudischen Kronprinzen und starken Mann des Königreichs, zu Mittag. Auf ihrer Reise durch die Golfstaaten wurde die Regierungschefin von zahlreichen Spitzenmanagern der italienischen Wirtschaft begleitet – dabei sprudelten Aufträge in Milliardenhöhe. Fazit: Meloni wird auch in der arabischen Welt als politisches Schwergewicht wahrgenommen. 

Daheim macht ihr dagegen das endlose Drama um die Justizreform das Leben schwer, zudem ein Ermittlungsverfahren um einen libyschen General. Anlässlich des weltweiten Gedenkens an die Shoah hat die Regierung in Rom ein Gesetzespaket zur Bekämpfung des Antisemitismus angekündigt. Staatspräsident Sergio Mattarella nahm an der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz teil.

In den italienischen Bankensektor gerät erneut Bewegung; diesmal bei der ältesten Bank der Welt. Auf dem Großflughafen Roma-Fiumicino wurde der größte Solarpark Italiens eingeweiht. Und der Papst gibt sich optimistisch, dass die Kirchen in Ost und West bald immer gemeinsam Ostern feiern können. Noch eine aktuelle Personalie: Die bisherige Chefin der italienischen Geheimdienste, Elisabetta Belloni, wurde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur diplomatischen Beraterin ernannt.

Erhellende Einblicke wünscht

Dr. Nino Galetti
Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Italien
Themenbereiche
Justizreform: Italiens Richter rebellieren
Asylzentren: Rom schiebt wieder nach Albanien ab
Shoah-Gedenken: Meloni geht gegen Antisemitismus vor
Finanzsektor: Älteste Bank der Welt sorgt für Bewegung
Solarenergie: Airport wandelt sich zum Stromproduzenten
Oster-Termin: Franziskus erwartet Einigung zwischen Kirchen
Malta erhält erste geschützte Ursprungsbezeichnung für Agrarerzeugnis
Vokabel der Woche: "dazio"
Aus der Konrad-Adenauer-Stiftung
Justizreform: Italiens Richter rebellieren
Ein Dauerbrenner in der politischen Debatte Italiens ist seit Jahren die Justizreform. Vordergründig geht es um die Verschlankung und Beschleunigung der oftmals endlosen Verfahren, um die Beseitigung von behördlicher Bürokratie, aber auch um mehr Transparenz bei den juristischen Karrieren. Die Regierung will dazu im Parlament eine Trennung der Laufbahnen von Staatsanwälten und Richtern durchsetzen. Der Aufschrei unter den „schwarzen Roben“ ist enorm, bei den traditionellen Eröffnungszeremonien des Gerichtsjahres hagelte es landauf landab Proteste. 

Zu den Fakten: Die Justiz in Italien reguliert sich seit Inkrafttreten der republikanischen Verfassung 1946 in einem Selbstverantwortungsorgan, dem der Staatspräsident vorsitzt. Theoretisch ist die dritte Gewalt damit dem Zugriff der Politik entzogen, eine wichtige Lehre aus dem Faschismus. Theoretisch, denn Italiens Justizsystem ist politisch derart polarisiert wie kaum ein anderes in Europa. Im höchsten Justizrat (CSM), einer Art Parlament der Judikative, bilden sich die politischen Frontstellungen in aller Deutlichkeit ab. Von Neutralität ist wenig zu spüren. Die Regierung wollte zumindest dem üblichen Wechselspiel von Staatsanwälten ins Richteramt und umgekehrt einen Riegel vorschieben, um möglichen Interessenskonflikten der schwarzen Roben einen Riegel vorzuschieben. Dagegen gibt es gegenwärtig Protest von Richtern und Staatsanwälten.

Indessen haben die Justizbehörden ein Ermittlungsverfahren gegen Premierministerin Giorgia Meloni eingeleitet: Sie habe den libyschen General und ehemaligen Kommandanten der Küstenwache, Osama Al Masri, trotz eines internationalen Haftbefehls aus Den Haag laufen und nach Tripolis ausreisen lassen. Ihm wird Misshandlung von Migranten vorgeworfen. Den juristischen Schuh müssten sich freilich auch die Regierungschefs von Großbritannien und Belgien als auch Kanzler Olaf Scholz anziehen lassen: In allen drei Ländern hielt sich Al Masri nachweislich auf, bevor er über Turin in seine Heimat ausreiste. 

Warum? „Übergeordnetes staatliches Interesse“ heißt der Zauberspruch. In Rom wollen das örtliche Staatsanwälte – im Gegensatz zu ihren Amtskollegen im Vereinigten Königreich, in Belgien und Deutschland – offenbar nicht gelten lassen. Die Justiz ermittelt in dem Zusammenhang auch gegen Justizminister Carlo Nordio, Innenminister Matteo Piantedosi und den Staatssekretär für Geheimdienst-Angelegenheiten, Alfredo Mantovano.
Asylzentren: Rom schiebt wieder nach Albanien ab
Verschiedener juristischer Niederlagen zum Trotz hat die Regierung in Rom zum dritten Mal Migranten in die von ihr errichteten Aufnahmezentren nach Albanien bringen lassen. Ein Schiff der italienischen Marine mit 49 Migranten an Bord traf im albanischen Hafen von Shëngjin ein. Die Menschen waren am Wochenende in internationalen Gewässern südlich der italienischen Insel Lampedusa im Mittelmeer gerettet worden. Von Bord gingen mehrheitlich Personen aus Bangladesch, Ägypten, der Elfenbeinküste und Gambia. Da sie aus Ländern stammen, die von Italien als „sicher“ eingestuft werden, und somit kaum Chancen auf Asyl haben, sollen ihre Anträge in einem beschleunigten Verfahren behandelt werden. Damit nimmt die Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni ungeachtet einer nicht vollständig geklärten Rechtslage und einer offenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ihren Albanien-Plan wieder auf. Sie will in dem Nicht-EU-Staat über Asylanträge bestimmter Migrantengruppen entscheiden lassen, die aus Sicht der Regierung aus sicheren Herkunftsländern kommen.

Das Innenministerium am Tiber begründete den erneuten Versuch mit einem weiteren Anstieg der Ankünfte von Flüchtlingen in den letzten Tagen. Seit Anfang Januar trafen über 3000 Migranten in Italien ein, das sind 136 Prozent mehr im Vorjahr, teilten die römischen Behörden mit. Für das abgelaufene Jahr 2024 wurde allerdings ein Rückgang bei den Migrantenankünften von 60 Prozent gegenüber dem Gesamtjahr 2023 gemeldet. In jenem Jahr erreichten insgesamt 66.615 Personen nach Überfahrt des Mittelmeers italienische Küsten.
Shoah-Gedenken: Meloni geht gegen Antisemitismus vor
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags hat Premierministerin Giorgia Meloni eine Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus in Italien angekündigt. „Der Antisemitismus wurde nicht mit dem Niederreißen der Tore von Auschwitz besiegt. Er ist eine Plage, der die Shoah überlebt hat, verschiedene Formen angenommen hat und sich über neue Instrumente und Kanäle verbreitet“, so Meloni in einer schriftlichen Erklärung. „Der Kampf gegen den Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen, ob alt oder neu, ist eine Priorität dieser Regierung. Ein Engagement, das wir mit Kraft und Entschlossenheit fortsetzen wollen, unter anderem durch die Ausarbeitung einer Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus: ein klar formuliertes Dokument, das konkrete Ziele und Maßnahmen zur Bekämpfung eines verabscheuungswürdigen Phänomens festlegt, das in unseren Gesellschaften keinen Platz hat“, betonte Meloni. Mehr Details über ihre Pläne teilte die Regierungschefin, die seit ihrem Amtsantritt sichtbar um ein gutes Verhältnis zu den Institutionen der Juden in Italien bemüht ist, vorerst nicht mit.

Die jüdische Gemeinschaft in Italien beklagt indessen eine Zunahme des Antisemitismus. „Wir beobachten mit Bestürzung die Phänomene der Leugnung, Verzerrung und Verharmlosung der Shoah. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle ist um 400 Prozent im Vergleich zu den vergangenen Jahren gestiegen“, gab Dario Disegni, Präsident der Jüdischen Gemeinde, bekannt. „Die direkten Zeugen der Schrecken der Shoah sterben allmählich. Es besteht die Gefahr, dass in den kommenden Jahren nur noch wenige Zeilen in den Geschichtsbüchern über diese schreckliche Zeit geben wird und dann nichts mehr. Es liegt also an uns, Zeugen der Zeugen sein“, fügte Disegni hinzu.
Finanzsektor: Älteste Bank der Welt sorgt für Bewegung
Es könnte der Auftakt zu einer großen Konsolidierungswelle auf dem italienischen Finanzsektor werden. Die italienische Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) prüft derzeit eine mögliche Beteiligung an der Mailänder Investmentbank Mediobanca, deren vollständige oder teilweise Kontrolle sie erwerben möchte. Die Verhandlungen seien noch im Gange. Bisher wehrt sich jedoch Mediobanca gegen eine Übernahme durch die MPS. Am ältesten Bankhaus der Welt hält der italienische Staat eine elfprozentige Beteiligung. Das römische Finanzministerium musste diesen Anteil bis Ende 2024 unter 20 Prozent drücken, um Auflagen der EU zu erfüllen. 2017 war das toskanische Institut vom Staat gerettet worden. Eine Einigung von MPS mit Mediobanca könnte ein weiterer Schritt beim Umbau des Bankengeschäfts sein. Die Mailänder Banco BPM hat bereits im November vergangenen Jahres ein Angebot für die Übernahme der Anima Holding eingereicht, während Unicredit ihrerseits die Banco BPM und die deutsche Commerzbank ins Visier genommen hat. Bis zur Bundestagswahl will Unicredit nach eigenen Angaben jedoch keine Tatsachen schaffen.
Solarenergie: Airport wandelt sich zum Stromproduzenten
Auf dem Flughafen Roma-Fiumicino ist die größte Photovoltaik-Anlage auf einem europäischen Flughafen und eine der größten der Welt eingeweiht worden. Die Anlage mit einer Spitzenleistung von 22 Megawatt und etwa 55.000 Siliziumpaneelen wird es dem Airport ermöglichen, jährlich mehr als 30 Millionen Kilowatt Strom zu erzeugen. Der Solarpark erstreckt sich über eine Länge von etwa 2,5 Kilometer und wurde von der Betreibergesellschaft der römischen Flughäfen AdR (Aeroporti di Roma) geplant und von dem italienischen Energiekonzern Enel errichtet. „Der Solarpark ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die Nutzung des Flughafengeländes in seiner ganzen Ausdehnung optimiert werden kann“, erklärte AdR-Chef Marco Troncone. Die Anlage sei in der internationalen Flughafenszene einzigartig. Die Kapazität reicht aus, um den jährlichen Energiebedarf von 30.000 Haushalten zu decken. Die Gesamtinvestition für die Realisierung des Projekts beläuft sich auf etwa 50 Millionen Euro. Der neue Solarpark soll dazu beitragen, die CO2-Emissionen des größten italienischen Flughafens um mehr als 11.000 Tonnen pro Jahr zu reduzieren.
Oster-Termin: Franziskus erwartet Einigung zwischen Kirchen
Papst Franziskus hat anlässlich der Gebetswoche für die Einheit der Christen versichert, die katholische Kirche sei bereit, ein gemeinsames Datum mit den anderen christlichen Kirchen für die Feier des Osterfestes anzunehmen. Bei der Zeremonie in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern erinnerte der Pontifex daran, dass in diesem Heiligen Jahr 2025 das Konzil von Nizäa, das erste große ökumenische Konzil der ganzen Kirche, sein 1700-jähriges Jubiläum feiert. In diesem Jahr wird Ostern zufälligerweise auf denselben Tag im gregorianischen und im julianischen Kalender fallen. Der Papst erneuerte seinen Appell, „dass dieses Zusammentreffen allen Christen als Aufruf dienen soll, einen entscheidenden Schritt zur Einheit zu tun, und zwar ein gemeinsames Datum von Ostern. Die katholische Kirche ist bereit, das Datum zu akzeptieren, das alle wollen: ein Datum der Einheit“.

Auf dem Konzil von Nizäa, so erinnerte der Papst, „haben die Konzilsväter einstimmig das Glaubensbekenntnis angenommen, das viele Christen auch heute noch jeden Sonntag während der Messe aufsagen“. Er betonte, es sei „ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, das über alle Spaltungen hinausgeht, die den Leib Christi im Laufe der Jahrhunderte verwundet haben“.
Malta erhält erste geschützte Ursprungsbezeichnung für Agrarerzeugnis
Maltas Käsespezialität „ġbejna tan-nagħaġ“ (sprich: dschbejna tannachak) ist auf Malta in aller Munde: Der handtellergroße Schafsmilchkäse hat offiziell den EU-Status der geschützten Ursprungsbezeichnung erhalten. Damit erhält erstmals ein Lebensmittelprodukt aus Malta einen solchen Status – bislang war die Mittelmeerinsel das einzige EU-Land ohne einen Eintrag im geschützten Lebensmittelkulturerbe. Die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, gab die Nachricht bereits via Facebook vor der offiziellen Verkündung im EU-Amtsblatt bekannt: „Das bedeutet, dass nicht nur wir Malteser unseren ġbejna tan-nagħaġ gegenüber Besuchern und Touristen schützen und bewerben werden – sondern dass ganz Europa dieses traditionelle maltesische Produkt als regionales und handwerklich gefertigtes Erzeugnis anerkennt und bewirbt“. 
Vokabel der Woche: „dazio“
Über dieses Wort (m., pl.: „dazi“) stolpert man bei der Lektüre italiensicher Zeitungen derzeit ständig. Die Rede ist von „Zollgebühren, Zollen“. Nichts fürchtet man in Italien derzeit mehr als die berüchtigten Zölle von Trump, mit denen jener ganze Volkswirtschaften pauschal zu bestrafen pflegt. Da die USA der wichtigste Absatzmarkt für Parmesan und Prosecco, Alta Moda und edles Design made in Italy sind, zittert man in Rom nicht zu Unrecht. 
Aus der KAS

In dieser Woche veranstaltete das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Italien ein Online-Seminar zum Thema „Deutschland: Geschichte, Kultur und aktuelle Politik im Vorfeld der Bundestagswahlen 2025“. Michael Feth, Autor unserer Newsletter "Italien auf einen Espresso" und "Un Caffè con la Germania" sowie langjähriger Korrespondent für Italien und den Vatikan, spannte in der einstündigen Veranstaltung einen weiten Bogen – von der Gründung der Bundesrepublik vor 75 Jahren über die Besonderheiten der politischen Kultur bis hin zur aktuellen politischen Lage in Deutschland. Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmer, insbesondere italienische Stipendiaten und Alumni der KAS Italien, die Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen und in den Austausch zu treten.

 
 
 
Der Bruch der Ampelkoalition in Deutschland und der Wahlsieg von Donald Trump in den USA haben eine Stimmung hervorgebracht, die von apokalyptischen Deutungen geprägt ist. Bedrohungsempfindungen führen oft zu Weltbildern, die das Ende der Welt prophezeien und politisch mobilisierend wirken können. Die moderaten politischen Kräfte haben bislang keine wirkungsvolle Antwort auf die Vehemenz negativer Erwartungen gefunden und neigen dazu, Probleme als zu komplex darzustellen. Diese Haltung ist angesichts der Sorgen der jüngeren Generation um ihre Zukunft jedoch wenig zielführend. Die neueste Ausgabe der Politischen Meinung „Endzeit? Über die Verteidigung der Zukunft“ der KAS widmet sich diesen Herausforderungen. 








Dieser Newsletter ist ein kostenloser Service der Konrad-Adenauer-Stiftung in Italien

Verantwortlich i.S.d.P.:
Dr. Nino Galetti
Leiter der KAS-Italien
Nino.Galetti@kas.d



Sie erhalten diese E-Mail, weil Sie in den Verteilern der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. sind. Natürlich können Sie diesen Informationsdienst jederzeit abbestellen.
Zum Abbestellen klicken Sie hier.

Wenn Sie den Link nicht anklicken können, senden Sie uns diesen Newsletter mit dem Betreff „abbestellen” an info.italien@kas.de zurück.
   

© Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.